Lyrisches in Wort und Bild

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Grabmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof

When I am dead, my dearest

When I am dead, my dearest,
Sing no sad songs for me;
Plant thou no roses at my head,
Nor shady cypress tree:
Be the green grass above me
With showers and dewdrops wet;
And if thou wilt, remember,
And if thou wilt, forget.

I shall not see the shadows,
I shall not feel the rain;
I shall not hear the nightingale
Sing on, as if in pain:
And dreaming through the twilight
That doth not rise nor set,
Haply I may remember,
And haply may forget.

Christina Rossetti (1830-1894)

Wie neu

Bei der Renovierung eines grau verwitterten Holzkreuzes wird die verwitterte äußere Schicht des Holzes manuell abgetragen. In der Regel kommt dann bereits in einer Tiefe von etwa 1 mm das frische Holz zum Vorschein und das Grabzeichen sieht wieder aus „wie neu“.

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Kreuz aus Eichenholz bei der Renovierung

 

Holzgrabmal Mitte 1960er Jahre

Holzgrabmal von Berthold Rumold
Holzgrabmal von Berthold Rumold

Dieses große Holzgrabmal, es steht auf dem Karlsruher Hauptfriedhof, hat mein Vater Berthold Rumold vermutlich Mitte der 1960er Jahre geschaffen. Die ruhigen, gewissermaßen jenseitigen Gesichtszüge und die offenen Wundmale (ohne Nägel) deuten einen auferstandenen Christus an. Die Haltung der Arme erinnert noch an die Kreuzigung. Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Christus-Sujet zieht sich wie ein roter Faden durch das bildhauerische Schaffen meines Vaters. (Vgl. dazu meine Patrolog-Beiträge vom 9. März 2015 und vom 11. März 2015.)

Holz ist nicht gleich Holz

Vor vier Jahren habe ich diese formal sehr schlicht gehaltene Grabstele aus einem Stück Eichenholz auf dem Karlsruher Hauptfriedhof aufgestellt. Mittlerweile ist das unbehandelte Holz vollständig vergraut und schillert, wenn man so will, in allen Tönen der pflanzlichen Umgebung. Das sind allerdings Prozesse, die man kaum willkürlich beeinflussen kann. Mit Lasur behandeltes Eichenholz sieht immer mehr oder weniger gleich aus. Die Oberfläche des unbehandelte Holzes jedoch ändert sich je nach Beschaffenheit des Holzes, Wetterlage und Umwelteinflüssen.

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L. Rumold: Grabstele aus Eichenholz, naturbelassen

 

Die Kunst des Dranschnitzens

Da heißt es immer, man könne vom Holz nur etwas wegschnitzen, etwas dranzuschitzen sei dagegen nicht möglich. Im Falle dieser Figur im Rokoko-Stil ist es mir ausnahmsweise doch gelungen. Der linke Zeigefinger war nicht nur abgebrochen, sondern gänzlich abhanden gekommen. Der Farbton muss noch angepasst werden, dann ist der platisch-chirurgische Eingriff erfolgreich abgeschlossen.

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Rekonstruktion des linken Zeigefingers an einer Rokoko-Figur

 

Frau ließ trauern

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Hauptfriedhof Karlsruhe

Die Trauer ist weiblich. Das ist heute noch so wie vor hundert Jahren. Denn erstens leben Frauen statistisch gesehen tatsächlich länger als Männer (von den ca. 350 ältesten Menschen jenseits der 110 sind die meisten weiblichen Geschlechts) und zweitens sind bei Ehepaaren nach wie vor die Männer in der Regel ein paar Jahre älter als ihre besseren Hälften. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts findet man in der Grabmalkunst (oder im Grabmalkunsthandwerk) häufig so etwas wie Witwen-Darstellungen, besser gesagt: man sieht mehr oder weniger schmerzgebeugte junge Damen in Ganzkörper-Schleiern der zartesten Art – vermutlich als symbolische Personifikation der Witwe als solcher und zugleich als Stellvertreterin der realen, nun wieder alleinstehenden Gattin. Mit anderen Worten: man bzw. frau lässt trauern.

Solche Grabanlagen mit Trauerpersonal konnte sich natürlich nur leisten, wer genug Geld hatte, um sich im wirklichen Leben alle lästigen Dinge gleichfalls von Kindermädchen, Chauffeuren, Köchinnen, Dienstmädchen usw. usf. abnehmen zu lassen. Der mir immer etwas suspekte Begriff der Trauerarbeit erfährt in dieser sepulkralgeschichtlichen Perspektive eine nicht uninteressante Erweiterung seines Bedeutungsumfangs.